Das Valle Verzasca stand schon länger auf meiner persönlichen To-Shoot Liste. Vor ein paar Tagen bot sich dann die Gelegenheit, einen kurzen Abstecher in eines der wohl schönsten Täler Europas machen zu können. Die im Schweizer Kanton Tessin liegende Schlucht, bildet mit ihren eindrucksvollen Steinformationen sowie ihren fantastischen Farben und Formen, einen eindrucksvollen Rahmen für den namensgebenden Fluss Verzasca.

Vom Lago Maggiore und damit der Mündung her kommend, bietet sich gleich zu Beginn des Tals eine kleine Sehenswürdigkeit: der Lago di Vogorno, ein künstlich angelegter See, mit seiner 220 Meter hohen Staumauer. Berühmt wurde diese durch niemand Geringeren als den weltbesten Spion James Bond, der sich dort im Film ‘Golden Eye’ an einem Bungee Seil hängend, in die Tiefe stürzte. Wenn ihr Lust habt, könnt ihr ihm das für rund 200 € dann dort auch gleich nachmachen. Im Stausee selbst, liegt ein versunkenes Dorf welches nur bei niedrigem Wasserstand zu sehen ist. Ich konnte leider nichts davon erkennen.

Der fotografisch wohl interessanteste Teil des Tals liegt jedoch weiter oben, direkt neben dem beschaulichen Örtchen Lavertezzo. Auf ca. 150 Metern Länge wird der Fluss hier in ein schmales Bett aus ausgewaschenen und geschliffenen Steinformationen, in den wildesten Formen und Farben gedrückt. Der Name des Flusses geht übrigens auf die grüne Farbe seines Wassers zurück. Das kann man hier wirklich eindrucksvoll erfahren.

 

Zu meinem Leidwesen musste ich allerdings feststellen, dass ich wohl nicht der Einzige war, der die Idee hatte hierher zu kommen. Mit dem Bus angereiste Besuchergruppen, Wanderer, Radfahrer und einheimische Sonnenanbeter – es war alles vertreten und alle wollten sich die Schlucht ansehen, eine kurze Rast machen und/oder einfach die Sonnen genießen. Gebadet wurde natürlich auch. Das nachzumachen, empfehle ich aber wirklich nur den Hartgesottenen unter euch. Die Wassertemperatur übersteigt selbst im Spätsommer den einstelligen Bereich nur selten, was die örtliche Jugend aber keineswegs davon abhielt, durch einen Sprung von der Brücke oder den Felsen ihren Mut unter Beweis zu stellen. Bei meinem Besuch lag die Temperatur gefühlt wohl eher noch weiter im Aua-Bereich.

Bedingt durch den nicht abreißen wollenden Besucherstrom war es nicht leicht ein paar vernünftige Bilder in den Kasten zu bekommen. Zwar liegt der fotografische Reiz dieses Tals zu einem großen Teil in seinen Details, aber selbst das gestaltet sich schwierig wenn ständig der Schatten eines Besuchers durch das Bild wandert, dir ständig jemand Tipps geben oder sich einfach nur mit dir unterhalten möchte. Schließlich fotografiert man ja auch 😉 . Eine weitere Schattenseite dieser Menschenmassen empfand ich allerdings als weitaus störender. Der überall hinterlassene Müll und insbesondere die in allen Spalten klemmenden und in den Wasserbecken schwimmenden Zigarettenkippen sind, nicht nur fotografisch gesehen, wirklich schrecklich. Als später am Nachmittag allerdings die Sonne hinter den Bergen verschwand, leerten sich die Felsbänke mit erstaunlicher Geschwindigkeit. Einer der letzten anwesenden Touristen meinte noch zu mir: “Schade, jetzt ist es wohl vorbei mit dem fotografieren.” und ging seines Weges. Naja, wenn er meint.

Innerhalb einer halben Stunde war das Tal dann fast menschenleer und es konnte so richtig losgehen. Immer wieder neue Blickwinkel, Strukturen und Formen entdeckend, arbeitete ich mich Meter für Meter die Schlucht entlang, bis der Sonnenuntergang und 4 leere Akkus mich schließlich in mein Quartier in der nächsten Ortschaft zwangen.

Das ständige arbeiten im Live-View und die Langzeitbelichtungen ziehen doch ganz schön an den Akkus. Die Ausbeute dieses einen Nachmittages lag nach erster Durchsicht und dem Aussortieren der komplett in die Hose gegangenen Aufnahmen, bei über 600 Bildern. Das alleine sollte schon zeigen wie vielfältig und interessant sich dieser Teil des Valle Verzasca darstellt. Ein paar Ausreißer bezüglich der Motive waren natürlich auch dabei, den auch ohne Touristen ist man hier nie alleine 🙂 .

Da ich ja von Grund auf ein neugieriger Mensch bin, wollte ich natürlich auch noch andere Teile des Tals kennen lernen. Also bin ich am nächsten Morgen in aller Herrgottsfrühe noch einmal losgezogen um ein Stückchen weiter unten mein Glück zu versuchen. Hier präsentiert sich der Fluss als ein ‘normaler’ Wildbach, was aber durchaus auch seinen Reiz besitzt.

Nach ein paar Stunden und vielen weiteren Bildern im Kasten machte ich mich dann schließlich notgedrungen auf die Weiterreise nach Turin. Gerne wäre ich noch einen Tag geblieben, denn auch abseits des eigentlichen Flussbettes gibt es noch viel sehenswertes.

All denen die diese schöne Schlucht ebenfalls einmal besuchen möchten, möchte ich folgende Tipps mit auf den Weg geben:

  • Plant den Besuch an Werktagen
  • Bringt viel Zeit mit – viele interessante Stellen müssen mühsam erklettert werden oder sind nur über Umwege zugänglich
  • Warme Kleidung einpacken (egal zu welcher Jahreszeit)
  • Gummistiefel mitnehmen oder wirklich kälteresistente Füße 😀
  • Schaut euch auch mal links und rechts der Schlucht um
  • Nehmt euch Zeit und legt die Kamera auch mal beiseite
  • Macht Brotzeit (Käse und Wein) in der Kneipe direkt an der Brücke (extrem lecker und ein klasse Ambiente)

Mehr Bilder dieser wunderschönen Schlucht findet ihr hier in der Galerie. Die Bilder werden in nächster Zeit noch ergänzt, also schaut ruhig in ein paar Tagen nochmal rein.