Von Megapixeln und Pornodarstellern
Da ist sie also – die neue Sony A7R IV. Wenn man sich in den einschlägigen Medien und Foren mal so umhört macht Sony ja momentan alles richtig. Aber für wen denn eigentlich? Für den Fotografen? Oder doch eher nur für den Techniknerd? Oder am Ende gar nur für ihren eigenen Geldbeutel? Und was hat das mit Pornos zu tun?
Heute habe ich auf der allseits bekannten (a)sozialen Gesichtsplattform eine Anzeige entdeckt, die mich doch ziemlich geschockt hat. Da bietet jemand eine fast brandneue Sony A7R III mit knapp 900 Auslösungen zu einem Spottpreis an mit der Begründung er möchte sich eine A7R IV kaufen. Da frage ich mich schon langsam wie krank das eigentlich ist.
Mal abgesehen von all den tollen Funktionen, die 99,9 % der Anwender eh nicht nutzen, nicht kennen oder überhaupt nicht brauchen, würde mich mal interessieren wo dieser Megapixelwahnsinn noch hinführen soll. Sind wir doch mal ehrlich: Die wenigsten von uns bedrucken Hauswände. Wer druckt den heute überhaupt noch was aus in Größen die einer Auflösung von 61 Megapixeln bedürfen? Der Großteil der Bilder verschwindet auf sozialen Plattformen oder ähnlichem in den Tiefen des Netztes oder wird bestenfalls mal bis A3 ausgedruckt. Selbst bei 300dpi Drucken benötigt man da nur einen Bruchteil dieser Auflösung.
Ja, sicherlich gibt es Anwendungsfälle dafür. Vor allem viele Naturfotografen sind sicherlich dankbar über die hohe Auflösung und es gibt auch noch weitere Gebiete in denen diese gerne gesehen wird. Aber wieviel Prozent der User sind denn das die Bilder in dieser Qualität und mit diesen Cropreserven brauchen? Ich würde mal behaupten weniger als 3% derjenigen die sich diese Kamera kaufen werden. Für alle anderen hat diese hohe Megapixelzahl nur Nachteile zur Folge:
- Stärkeres Bildrauschen insbesondere bei höheren ISO Zahlen
- Die Fertigung hochauflösender Sensoren ist deutlich teurer
- Die Serienbildrate könnte wesentlich höher sein bei niedrigerer Auflösung (Sensorauslesung und Verarbeitung)
- Die Speicherung der Bilder auf der Kamera wäre deutlich schneller
- Der interne Speicher könnte mehr Bilder puffern
- Objektive müssen qualitativ spitze sein um die Auflösung überhaupt bedienen zu können (gerade hier wird es schnell richtig teuer)
- Es werden größere und schnellere Speicherkarten benötigt
- Mehr Festplattenkapazität auf dem Rechner nötig
- Es wird mehr Arbeitsspeicher benötigt
- Es werden schnellere Prozessoren und Grafikkarten benötigt
- Externe Sicherungsmedien müssen größer dimensioniert werden
- Der Import der Bilder auf den Rechner dauert wesentlich länger
- Die Verarbeitungsgeschwindigkeit auf dem Rechner sinkt
Das sind so die wichtigsten Nachteile aber sicherlich habe ich auch noch Contras vergessen und man könnte diese Liste noch fortsetzen. All diese Punkte wirken sich nicht nur auf die Performance aus, sondern haben größtenteils natürlich auch eine direkte negative Folge. Sie machen die Kamera oder das Handling mit dem Output (den Bildern) unnötig teuer. Aber hey, der Hersteller freut sich natürlich, wenn er neue Objektive verkaufen kann für ein paar tausend Euro das Stück. Und außerdem bietet Sony ja auch SD Karten an, was für ein Zufall 😉
Also wozu brauchen wir dann diese hohen Megapixelzahlen?
Die einfache Antwort: Die dienen eigentlich nur dem Schwanzvergleich. 61 cm hört sich halt besser an als 24 cm. Fragt mal einen Pornodarsteller, der verkauft sich bestimmt wirklich über die schiere Größe und verdient Geld damit. Aber da sind wir wieder beim Punkt. Wer ist von uns schon Pornodarsteller, äääh Hochhausbedrucker? Aber 61 Megapixel klingt halt schon geil, gell? 😉
Versteht mich nicht falsch, ich möchte keineswegs nur Sony schlechtreden. Aber deren Modelle und das darauf abgestimmte Marketing sind da halt momentan ein Paradebeispiel. Aber auch von Canon, Nikon und Co. werden solche Kameras kommen. Canon hat ja schon was in Petto, wenn man der Gerüchteküche glauben darf. Das Ding hätte dann irgendwas um die 80-90 Megapixel. Diese Entwicklung sehe ich als extrem kritisch an. Vor allem auch, da immer zuerst die hochauflösende Kamera auf den Markt geworfen wird bevor das gemäßigte Modell kommt, welches für die Masse die weitaus bessere Wahl wäre. Aber selbst bei diesen Modellen dreht sich ja die Megapixelspirale immer weiter nach oben. Klar müssen die Hersteller auch Geld verdienen. Aber würden Sie das nicht auch wenn Bauteile günstiger wären und/oder man sich dafür auf andere Features konzentrieren könnte?
Oder gibt es am Ende gar nicht mehr so viel was man an einer Kamera verbessern könnte? Aber so ein Schwanzvergleich mit nur einer Zahl ist halt auch viel einfacher und lässt sich gut ausschlachten. Steht komischerweise auch in jedem Prospekt ganz oben, obwohl eigentlich jede moderne Kamera so viele hat, dass es für 99,9% der Anwender dicke reicht. Wirklich wichtige Kriterien werden dafür weit unten in den technischen Spezifikationen versteckt, weil die eh kaum einer versteht. Da kann man mit 61 MP einfach besser werben, das versteht sogar Opa Ernst der seine Enkelin auf dem Spielplatz fotografiert oder der Grilljünger der sein leckeres Pulled Pork für Instagram festhält. Hauptsache man findet genügend Leute die sich davon überzeugen lassen, dass Länge eben doch alles ist.
So, und jetzt dürft ihr über mich schimpfen oder auch nicht. Das ist einfach meine Meinung zu dem Thema und ich würde mich freuen, wenn sich der ein oder andere Hersteller mal Gedanken über dieses Thema machen würde. Im Übrigen verhält es sich ansonsten wie im richtigen Leben und im Porno: Was nützt einem die Größe, wenn man nicht mit seinem Gerät umgehen kann? 😉
100% agree meinerseits – von der Auflösung bin ich mit den 20 MP meiner kleinen Sony a58 noch immer zufrieden zu stellen.
Und meine Bilder werden sicher keinen Mü besser, wenn ich sie hochauflösender erzeugen würde.
Wenn ich dann schaue, was , egal bei welchem Hersteller, für Body und die dann notwendigen Objektive aufgerufen wird, ‘Prost Mahlzeit’ – solange ich keine Notwendigkeit habe, die mich technisch zwingt, bleibe ich bei meinem a-Mount und kann ja auch auf VF gehen, wenn mir an der Stelle Reserven fehlen (ja, manchmal schiele ich schon auf die ‘FastHundert’ ;-)) – aber das geht auch wieder weg.
Danke für die offenen Worte und immer Gut Licht 🙂
LG
Nicht die Kamera macht das gute Bild 🙂 Dir weiterhin viel Spaß mit deiner Sony.
LG
Martin
Absolut korrekt, meine derzeitigen Kameras haben zwischen 20,2 und 26,4 MP und das ist mehr als genug. Canon hat ja kürzlich die neue EOS M6 Mark II mit 35 MP APS-C Sensor vorgestellt. Lustig nur das es nur ein einziges Objektiv (EF-M 32mm f1.4) dafür gibt das die hohe Auflösung dieses Sensors überhaupt bedienen kann! 😉
Anders gesagt: was nutzt dir ein Schwanz von 40 cm wenn in der Mitte 1 cm nicht hart wird! ;-)))
LG, Tom
Ts ts ts, wer wird den so ordinär sein 😉 Aber vollkommen richtig 🙂
Gruß
Martin
Die Entwicklungsabteilung bei Sony wird sich sicherlich gleich zusammensetzen und die 61 Mpix wieder überdenken und zu 42 Mpix oder vielleicht sogar 24 Mpix zurückkehren – Moment mal, hieß es nicht vor ein paar Jahren, dass 6 Mpix genügen würden? Tja, das Rad der technischen Entwicklung dreht sich auf der technischen Seite weiter, auf der männlichen ist an Zuwächsen seit Viagra nicht mehr viel passiert (das weiß ich aber nur vom Hörensagen).
Tatsache ist, dass mit Aufkommen der Mirrorless-Kameras die AF-Genauigkeit gewährleistet ist und das Mehr an Megapixeln immer öfter im Bild ankommt. Und überhaupt hat derjenige den Größten, der mit Mittelformat fotografiert, während die Anfänger noch ihre CaNiSony streicheln, um mal im Bild der “Männer und Technik” zu bleiben.
Oder vielleicht ist die Technik gar nicht so ausschlaggebend? Peter Lindbergh soll ja zuletzt vor seinem viel zu frühen Ableben mit einer Nikon D810 fotografiert haben und keinen Menschen hat es interessiert, weil sie damit beschäftigt waren, seine Bilder zu bestaunen.
Martin, wir sollten mal wieder ein Bierchen zusammen trinken 😉
Das Rädchen der Zeit dreht sich sicherlich. Aber wir als Konsumenten haben es ein Stück weit sehr wohl in der Hand die Hersteller zu beeinflussen. Aber solange sich ein Großteil der “Fotografen” von solchen Zahlen beeindrucken lässt und nicht über die Nachteile nachdenkt, haben es Hersteller natürlich auch nicht nötig sich diesbezüglich mal Gedanken zu machen. Die Reserven die durch eine geringere MP Zahl entstünden würden der Dynamik, dem Rauschverhalten und der Bildqualität direkt zugute kommen. Die Megapixelmonster nützen nur einigen wenigen und schaden allen anderen.
Das Bierchen gibt es doch auch am Stammtisch direkt neben dir. Einfach vorbeikommen 😀
Die Konsumenten, die Sony mit einer A7RIV nicht zum Kauf bewegen kann, weil ihnen die A7RIII auf Jahre hinaus genügt, sind ganz sicher nicht ihre Zielgruppe. Denn jeder Hersteller muss so viel verkaufen, wie er kann und Anreize setzen, wo es geht. Die Zeiten werden nicht besser. Und wenn eines Tages alle nachgezogen haben, dann hat der Rest auch schon 42-Mpix-Sensoren, denen jetzt noch 24 MPix reichen.
Zum Thema Rauschverhalten und Sony, tja, das sind Entscheidungen, die die Hersteller für sich selber treffen, ‘Sony war da schon immer gegen starke Rauschreduktion. Wenn der Cousin des 61-Mpix-Sensors der A7RIV in einer Nikon auf den Markt kommt, wird die Leistung im höheren Iso-Bereich um 1600 wesentlich besser sein, glaube ich fest. Das beobachte ich jetzt schon seit einigen Jahren, da ich ja Nikon-DSLR und Sony-Alpha parallel einsetze.
Danke für die Einladung, vielleicht schaffe ich es tatsächlich mal …
Die Hersteller sollten die Pixekzalh lieber konstant halten und in. einen höheren Dynamikumpfang forschen und entwickeln. Jeder Landsvhaftsfitograf ist für jede Blendenstufe dankbar die Luft nach oben verschafft. Auch bei Schatten am Grund sollte der Himmel davor sicher sein auszubrennen. Das RAW sollte do viel Dybamikumpfang bieten das msn ein HDR schon aus einem Schuss machen könnte falls erforderlich.
Das wäre in der Tat wesentlich vernünftiger. Das wäre für mich und meine Arbeit zwar uninteressant aber gerade im Landschaftsbereich natürlich schon sehr wertvoll. Dazu noch das Rauschen im oberen ISO Bereich abmildern und dann hätte man was wirklich brauchbares.